[Wirtschaft] Schuldenpakt 2025 - Bedeutung von Sondervermögen und Schuldenbremse

See also:
[Economics] Debt Pact 2025 - Meaning of Special Funds and Debt Brake

Am Dienstag 18. März 2025 hat der Bundestag und am Freitag 21. März 2025 hat der Bundesrat für eine Änderung der Schuldenbremse im Grundgesetz und ein Sondervermögen für die Infrastruktur gestimmt. Zwar hat die CDU hat im Wahlkampf damit geworben die Schuldenbremse einzuhalten. [1] [2] [3] Unter der Führung vom designierten neuen Bundeskanzler und treuen Transatlantiker Friedrich Merz (CDU) wurden drei Änderungen im Gundgesetz verhandelt. [4] [5] [6]

Erstens sollen Ausgaben zukünftig für Verteidigung und weitere sicherheitspolitische Ausgaben ab einer Höhe von 1% vom Bruttoinlandsprodukt von der Schuldenbremse ausgenommen sein. Unter Verteidigung und weitere sicherheitspolitische Ausgaben fallen zukünftig Verteidigungsausgaben, die Ausgaben des Bundes für den Zivil- und Bevölkerungsschutz sowie für die Nachrichtendienste, für den Schutz der informationstechnischen Systeme und für die Hilfe für völkerrechtswidrig angegriffene Staaten (Ukraine).
Zweitens dürfen die Bundesländer sich zukünftig mit 0,35% vom Bruttoinlandsprodukt neu verschulden.
Und drittens wird ein Sondervermögen in Höhe von 500 Mrd. Euro über 12 Jahre für zusätzliche Investitionen zur Erreichung der Klimaneutralität bis 2045 eingerichtet. Hiervon sind 100 Mrd. Euro für den Klima- und Transformationsfonds, 100 Mrd. Euro Ländern für Investitionen und 300 Mrd. Euro für weitere Investitionen vorgesehen. Als Kriterium für zusätzliche Investitionen aus diesem Sondervermögen soll gelten dass die Investitionen 10% vom Bundeshaushalt ohne Sondervermögen und finanzielle Transaktionen übersteigen.
Über all diese drei Änderungen wurde im Bundestag und Bundesrat mit einer Abstimmung entschieden. Man konnte folglich nur für oder gegen alle drei Änderungen stimmen. [7] [8] [9] [10] [11] [12]

Was möglich ist

Den Nutzen den eine solche Nachfragepolitik auch heute noch entfalten kann, sieht man in den USA. Die USA machen schon lange mehr Staatsschulden als Deutschland.

CanvasJS.com
[13] [14]

Die USA erreichen damit stets höheres Wirtschaftswachstum als Deutschland.

CanvasJS.com
[15] [16]

Gleichzeitig liegt die Inflationsrate nur minimal über der in Deutschland.

CanvasJS.com
[17] [18]

Diese Entwicklung ist umso beeindruckender, da die USA ein Importüberschuss haben und Deutschland ein Exportüberschuss hat. Die USA forcieren mit ihrer Nachfragepolitik folglich teilweise Wirtschaftswachstum in anderen Ländern. Deutschland hat diesbezüglich also bessere Voraussetzungen als die USA.

Mehr Geld ist eine notwendige Bedingung für mehr Nachfrage und mehr Nachfrage ist eine hinreichende Bedingung für Wirtschaftswachstum. Ob sich also der Staat oder die Summe der Unternehmen in einer Volkswirtschaft verschulden ist folglich zweitrangig. Dazu kommt dass die Zinszahlungen des Staates die Zinsen auf Konten und Versicherungen der Bevölkerung sind.

Eine Voraussetzung dafür dass das Wirtschaftswachstum größer ist als die initiativen Mehrausgaben des Staates, ist ein ausreichend niedriger Leitzins für neue Kredite. Bei gegebener Nachfrage durch den Staat, ist die Chance auf eigenständiges Wachstum umgekehrt proportional zum Leitzins. Den die Bereitschaft von Unternemen zusatzliche Investitionen zu tätigen um Voraussetzungen zu erfüllen oder im Wettbewerb zu bestehen, hängt vom Leitzins ab.

Was es nutzen kann

Die beschlossenen Mehrausgaben des Staates sollen aber nicht nur in unmittelbar gesellschaftlich dienliche Investitionen (Schulen, etc.) und die Produktivität erhöhende Investitionen (Autobahnen, Schienen, etc.) fließen. Die beschlossenen Mehrausgaben umfassen zusätzliche Verteidigungsausgaben. Diese sind jedoch volkswirtschaftlich gesehen Verschwendung. Der volkswirtschaftliche Nutzen hierbei beschränkt sich auf die Ausgaben der hierdurch beschäftigten Erwerbstätigen. Schließlich sind die Ausgaben der Erwerbstätigen dieser Branche die Nachfrage nach anderen Waren und Dienstleistungen. Und dies passiert obwwohl die Verteidigungsausgaben am BIP seit 2014 steigen.
[Fake News] Unterfinanziert - Wurde die Bundeswehr kaputt gespart?

Abzüglich 100 Mrd. Euro für den Klima- und Transformationsfonds verbleiben 400 Mrd. Euro über 12 Jahre für Investitionen auf verschiedenen Ebenen. Bei einer Inflationsrate von 2% würden müssten das Geld wie folgt laufend steigen um mit gleicher Kaufkraft abzufließen.

Jahr Investive Ausgaben - jährlich (2% Inflation) Investive Ausgaben - aufsummiert
1 29,80 29,80
2 30,40 60,20
3 31,00 91,20
4 31,62 122,82
5 32,26 155,08
6 32,90 187,98
7 33,56 221,54
8 34,23 255,77
9 34,92 290,69
10 35,61 326,30
11 36,33 362,63
12 37,05 399,68

Nach Angaben vom Institut der deutschen Wirtschaft Köln gemeinsam mit dem IMK der Hans-Böckler-Stiftung werden jedoch 600 Mrd. Euro innerhalb von 10 Jahren notwendig. Demnach sollen 190 in den Sanierungsstau bei Städten, Gemeinden und Kommunen, 200 in öffentliche Investitionen für Nachhaltigkeit (energetische Gebäudesanierung, Netzausbau und Erzeugung und Speicherung von nachhaltigen Energien), 127 in Verkehrswege und ÖPNV, 42 in Bildungsinfrastruktur und 37 in sozialen Wohnungsbau investiert werden. Diese Auflistung soll lediglich eine Untergrenze des investiven Bedarfs darstellen. [19] [19,p.8]

Das Risiko der Investitionsquote

Nach der Pressemitteilung vom Haushaltsausschuss besteht jedoch ein Risiko durch ein Verhinderung der Ausgabe des Sondervermögens für Investitionen. Das Kriterium um dieses Sondervermögen zu verwenden soll eine Investitionsquote von 10% vom Bundeshaushalt sein. Aktuell beträgt diese Investitionsquote etwa 10%. Ein Investiver Rest bis zur Errreichung der 10% war zuletzt nur gering oder war negativ, bei Überschreiten der Investitionsquote von 10% vom Bundeshaushalt.

Jahr Bundeshaushalt Investive Ausgaben Investitionsquote / Bundeshaushalt Investiver Rest bis 10% Verteidigungsausgaben Verteidigungshaushalt / BIP
2015 299,3 29,6 9,89 0,33 35,18 1,14
2016 310,6 33,2 10,69 -2,14 36,76 1,15
2017 325,4 34 10,45 -1,46 38,31 1,15
2018 336,7 38,1 11,32 -4,43 40,14 1,17
2019 343,2 38,1 11,10 -3,78 44,54 1,26
2020 441,8 50,3 11,39 -6,12 47,26 1,37
2021 556,6 45,8 8,23 9,86 48,53 1,32
2022 480,7 46,2 9,61 1,87 54,56 1,38
2023 457,1 55 12,03 -9,29 63,62 1,52
[20] [21] [22]

Wenn nun die Verteidigungsausgaben (z.B. 2%) erhöht werden, dann steigt der gesamte Bundeshaushalt. Die Investitionsquote wäre bei gleichen Investitionen folglich unter der Grenze von 10%. Es müsste folglich eine Einigung über höhere Investitionen ohne Inanspruchnahme des neuen Sondervermögens geben. Hierfür gelten dann aber die bisherigen Regelungen der Schuldenbremse. Ob und wie sich darüber geeinigt wird ist offen.

Jahr Bundeshaushalt Investive Ausgaben Investitionsquote / Bundeshaushalt Investiver Rest bis 10% Verteidigungsausgaben Verteidigungshaushalt / BIP
2015 325,84 29,6 9,08 2,98 61,71 2
2016 337,77 33,2 9,83 0,58 63,92 2
2017 353,71 34 9,61 1,37 66,62 2
2018 365,18 38,1 10,43 -1,58 68,62 2
2019 369,36 38,1 10,32 -1,16 70,70 2
2020 463,53 50,3 10,85 -3,95 68,99 2
2021 581,60 45,8 7,87 12,36 73,53 2
2022 505,21 46,2 9,14 4,32 79,08 2
2023 477,19 55 11,53 -7,28 83,71 2
[20] [21] [22]

Das Risiko der Rückzahlung

Ein weiteres und vermutlich größeres Risiko besteht tatsächlich in einer Rückzahlung. Wenn wie beim Sondervermögen für die Bundeswehr und dem Sondervermögen für die Corona-Notlagenkrediten eine Rückzahlung stattfindet, dann wird unmittelbar wieder Nachfrage aus der Volkswirtschaft entzogen. Genauso wie der Sektor Staat mit einem Haushaltsdefizit Nachfrage und damit Wirtschaftswachstum schaffen kann, kann er auch Nachfrage entziehen und damit Wirtschaftswachstum mindestens bremsen. Dazu kommt dass spätestens dann mit eine vermeintliche Notwendigkeit für Einsparungen und Privatisierung von Institutionen geschaffen ist. Allerdings ist beim aktuellen Stand Keine Rückzahlung vereinbart. [23]

[Außenpolitik] Schuldenpakt 2025 - Deutschland handelt in transatlantischer Treue 2025-04-08
[Innenpolitik] Schuldenpakt 2025 - Die Linkspartei spricht mit zwei Zungen 2025-04-09

Src:
[1] 12-Seiten-Papier - Rente, Überstunden, Bürgergeld: Das steht in der Agenda 2030 der CDU 2025-01-09
https://www.focus.de/finanzen/news/agenda-2030-die-cdu-plaene-zu-rente-ueberstunden-buergergeld_72d9120e-884c-4861-a862-3ec411b8764d.html
[2] Papier zur Wirtschaftspolitik - CDU will mit "Agenda 2030" Wachstum ankurbeln 2025-01-09
https://www.tagesschau.de/inland/bundestagswahl/cdu-agenda-2030-100.html
[3] Bundestagswahl: CDU plant Steuerentlastungen mit Wirtschaftsprogramm "Agenda 2030" 2025-01-09
https://www.zeit.de/politik/deutschland/2025-01/cdu-wirtschaftsprogramm-agenda-2030
[4] Deutsch-Amerikanische Konferenzen - Friedrich Merz und John Emerson im Gespräch 2019-06-14
https://www.atlantik-bruecke.org/in-conversation-with-true-atlanticists-friedrich-merz-and-ambassador-john-emerson/
[5] Scholz’s Politics are Lacking in Consideration for Europe as a Whole 2024-08-06
https://www.aspeninstitutece.org/article/2024/scholzs-politics-lacking-consideration-europe-whole/
[6] How might Germany’s coming election shape future support for Ukraine? 2024-12-24
https://www.atlanticcouncil.org/blogs/ukrainealert/how-might-germanys-coming-election-shape-future-support-for-ukraine/
[7] Haushaltsausschuss beschließt Änderungen des Grundgesetzes 2025-03-16
https://www.bundestag.de/presse/hib/kurzmeldungen-1057342
[8] Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - Art 109
https://www.gesetze-im-internet.de/gg/art_109.html
[9] Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - Art 115
https://www.gesetze-im-internet.de/gg/art_115.html
[10] Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - Art 143h
https://www.gesetze-im-internet.de/gg/art_143h.html
[11] Gesetzentwurf zur Änderung der Artikel 109, 115 und 143h des Grundgesetzes 2025-03-18
https://www.bundestag.de/parlament/plenum/abstimmung/abstimmung?id=951
[12] Auch Bundesrat stimmt historischem Schuldenpaket zu 2025-03-21
https://www.sueddeutsche.de/politik/bundesrat-liveblog-schuldenpaket-schuldenbremse-abstimmung-li.3217721
[13] Germany Government Debt to GDP
https://tradingeconomics.com/germany/government-debt-to-gdp
[14] United States Gross Federal Debt to GDP
https://tradingeconomics.com/united-states/government-debt-to-gdp
[15] Germany GDP Growth Rate
https://tradingeconomics.com/germany/gdp-growth
[16] United States GDP Growth Rate
https://tradingeconomics.com/united-states/gdp-growth
[17] Germany Inflation Rate
https://tradingeconomics.com/germany/inflation-cpi
[18] United States Inflation Rate
https://tradingeconomics.com/united-states/inflation-cpi
[19] 600 Milliarden Euro für eine zukunftsfähige Wirtschaft 2024 Mai
https://www.iwkoeln.de/presse/pressemitteilungen/michael-huether-simon-gerards-iglesias-600-milliarden-euro-fuer-eine-zukunftsfaehige-wirtschaft.html
[20] Gesamtübersicht über die Entwicklung des Bundeshaushalts 1969 bis 2023 - Milliarden Euro
https://www.bundesfinanzministerium.de/Monatsberichte/Ausgabe/2024/03/Inhalte/Kapitel-6-Statistiken/6-1-11-gesamtuebersicht-entwicklung-bundeshaushalt.html
[21] Bruttoinlandsprodukt (BIP) - Milliarden Euro
https://de.statista.com/statistik/daten/studie/4878/umfrage/bruttoinlandsprodukt-von-deutschland-seit-dem-jahr-1950/
[22] SIPRI Military Expenditure Database
https://www.sipri.org/databases/milex
[23] Bundeshaushalt durchgreifend konsolidieren: Strukturelle Veränderungen angehen, keine neuen Fluchtwege zulassen 2024-04-16
https://www.bundesrechnungshof.de/SharedDocs/Statements/DE/2024/bwv-bundeshaushalt-2025.html

Kommentare