[Innenpolitik] Die CDU will nicht mehr in einem Rechtsstaat sein - Das BSW möchte keine Opposition sein

Nach der Landtagswahl in Thüringen kam es bei der Wahl des Landtagspräsidenten zum Eklat. Hierbei entstand eine Koalition bestehend ausgerechnet aus CDU und BSW um die AfD zu bekämpfen. Das entstandene Manöver ist gleichzeitig höchst fragwürdig und offensichtlich vorher abgesprochen.

Die erste Sitzung

Am 26. September 2024 trat der neu gewählte Thüringer Landtag zum ersten Mal zusammen. Üblich ist es in allen deutschen Landtagen in im Bundestag dass der Alterspräsident die konstituierende Sitzung eröffnet und den Landtagspräsident wählen lässt. Das Amt des Landtagspräsidenten ist eine eher zeremonielle und organisatorische Funktion. Er leitet im Wechsel mit seinen Stellvertretern die Plenarsitzungen des Parlaments, hat aber keine Sonderrechte bei Abstimmungen. [1] [2]

Die stärkste Fraktion schlägt ein Mitglied des Landtags für die Wahl zur Präsidentin beziehungsweise zum Präsidenten vor. Die anderen Fraktionen schlagen jeweils ein Mitglied des Landtags für die Wahl zur Vizepräsidentin beziehungsweise zum Vizepräsidenten vor, sodass jede Fraktion im Vorstand des Landtags mit einem Mitglied vertreten ist.
[1, p.4]

Der Eklat

Zur Wahl des Landtagspräsidenten ist es jedoch nicht gekommen und die Sitzung versank im Chaos. Noch vor dieser Abstimmung wollte die CDU Fraktion die Geschäftsordnung ändern lassen. Der Alterspräsident Jürgen Treutler (AfD) wurde mehrfach unterbrochen und der parlamentarische Geschäftsführer der CDU Andreas Bühl warf der AfD "Machtergreifung" vor. Auffallend ist hier bereits dass die Mikrofone, derjenigen die gestört haben, nicht abgeschaltet wurden, obwohl der Alterspräsident dies angewiesen hat. [2]

Die CDU Fraktion rief dann den Thüringer Verfassungsgerichtshof an. Die CDU warf dem Alterspräsident Treutler (AfD) vor er habe Rechte der Fraktion, einzelner Abgeordneter und des Parlaments verletzt. Dies führte zum Abbruch der Sitzung. Der Thüringer Verfassungsgerichtshof entschied daraufhin gegen die AfD und urteilte dass das Parlament über eine aktualisierte Geschäftsordnung abstimmen lasse muss. [2] [3]

Auffallend ist das Verhalten von Jörg Geibert. Er ist Richter am Thüringer Verfassungsgerichtshof und hat einen Sohn namens Lennart Geibert (CDU). Lennart Geibert ist Abgeordnete im Thüringer Landtag. Jörg Geibert hat im betreffenden Urteil mit abgestimmt statt sich für befangen zu erklären. Dazu kommt dass, der Vorsitzende der CDU-Landtagsfraktion Mario Voigt am 25. September 2024, also vor dem Eklat, eine Prozessvollmacht in Namen seiner Fraktion ausgestellt hat. Hiermit hat er Philipp Austermann bevollmächtigt die CDU-Landtagsfraktion vor dem Verfassungsgerichtshof zu vertreten. Der Eklat war also vermutlich geplant, mindestens aber vorbereitet. [3] [4] [5]

Die zweite Sitzung

Als der Landtag wieder zusammen kam stellte die CDU ausgerechnet mit dem BSW den Antrag zur Änderung der Geschäftsordnung, welcher mit 55 Ja-Stimmen angenommen wurde. Das Vorschlagsrecht für den Landtagspräsidenten liegt nun nicht mehr bei der stärksten Fraktion, also der AfD. Stattdessen dürfen nun alle Fraktionen bereits im ersten Wahlgang einen Kandidaten vorschlagen. Daraufhin wurde der Kandidat der CDU zum Landtagspräsidenten gewählt und Kandidaten von BSW, Linke und SPD wurden zu Vizepräsidenten gewählt. Einzig die AfD stellt keinen Vizepräsident. Des Weiteren wurde die Größe der parlamentarischen Ausschüsse auf zwölf Mitglieder begrenzt. Hierdurch verliert die AfD ihre Sperrminorität aus dem Ergebnis aus der Landtagswahl. [2] [6] [7]

Fazit

Das BSW bricht damit ihr Wahlversprechen die AfD nicht grundsätzlich zu bekämpfen. Und das BSW bezieht damit eindeutig Partei im Umgang mit der AfD und reduziert sich zur Anti-AfD Partei. Der Nutzen für das BSW für die Zusammenarbeit ist nicht bekannt. Es ist jedoch anzunehmen dass es dem BSW im Zweifelsfall ähnlich ergehen wird wie der AfD.

Den es ist klar dass die CDU die Geschäftsordnung nicht aus Überzeugung ändern ließ sondern nur aus Machterhalt. Den im Dezember 2023 stellte die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen einen deckungsgleichen Antrag. Diesen hat die CDU jedoch abgelehnt, weil man davon ausging ohnehin stärkste Kraft zu werden. [8]

Src:
[1] Geschäftsordnung des Thüringer Landtags 2024-05-15
https://www.thueringer-landtag.de/fileadmin/Redaktion/Organigramm_GO_Gesetze_Arbeitsplan/geschaeftsordnung_des_thueringer_landtags_02.pdf
[2] Landtagspräsident gewählt: Thüringer Parlament: Streit besiegelt? 2024-09-28
https://www.zdf.de/nachrichten/politik/deutschland/thueringen-eilentscheid-landtag-konstitutierende-sitzung-100.html
[3] THÜRINGER VERFASSUNGSGERICHTSHOF - VerfGH 36/24
https://verfassungsgerichtshof.thueringen.de/media/tmmjv_verfassungsgerichtshof/Entscheidungen/24-00036_Beschluss_nicht_barrierefrei.pdf
[4] Lennart Geibert (CDU)
https://www.thueringer-landtag.de/abgeordnete/abgeordnete-fraktionen-sitzordnung/abgeordnetendetails/abgeordneter/lennart-geibert/
[5] Vordatierte Prozessvollmacht der CDU
https://x.com/GGLuthe/status/1839708691001393548
[6] Konstituierende Sitzung - Thüringer Hängepartie beendet: Thadäus König zu Landtagspräsident gewählt 2024-09-28
https://www.mdr.de/nachrichten/thueringen/wahlen-politik/landtag-praesident-gewaehlt-sitzung-konstituierung-koenig-100.html
[7] Verfassungsgerichtshof - Thüringer AfD will juristisch gegen Ausschussgrößen vorgehen 2024-09-30
https://www.mdr.de/nachrichten/thueringen/ramelow-afd-chaos-landtag-ausschuss-100.html
[8] Wahl des Landtagspräsidenten - "Extrem unklug" - Warum die Geschäftsordnung des Thüringer Landtags nicht schon früher geändert wurde 2024-09-25
https://www.mdr.de/nachrichten/thueringen/geschaeftsordnung-landtag-landtagspraesident-wahl-afd-gericht-100.html