[Rezension] Stephan Schulmeister - Der Weg zur Prosperität - Die Gegenbewegung 2022-07-16

Stephan Schulmeister ist ein Ökonom aus Österreich, der jedoch wenig mit der sogenannten österreichischen Schule also den wirtschaftsliberalen Ökonom gemein hat. Der am 26. August 1947 geborene Ökonom war von 1972 bis 2012 wissenschaftlicher Mitarbeiter beim österreichischen Wirtschaftsforschungsinstitut (WIFO) für Prognosen, Wirtschaftsentwicklung, Finanzmärkte und internationaler Handel. Der Schwerpunkt seiner Arbeit liegt auf den Interessenskonflikten zwischen Arbeitnehmern, Arbeitgebern aus der Realwirtschaft und den Finanzmärkten oder Finanzkapital.
Nach Schulmeister schwankt die wirtschaftliche Ordnung in ihrer Ausrichtung dauerhaft zwischen Realkapitalismus und Finanzkapitalismus schwankt. Hierbei werden lange Aufschwünge durch ein Interessenbündnis zwischen Arbeitnehmern und Realkapital getragen und lange Abschwünge durch ein Interessenbündnis zwischen Realkapital und den Finanzmärkten oder Finanzkapital verursacht.

Mit seinem neuen Buch "Der Weg zur Prosperität" beweist er wie sehr Schulmeister sich darauf konzentriert und wie gut er dabei ist. Das Buch erklärt umfassend die Grundlagen seiner Seite wie zum Beispiel Keynes oder Smith sowie die Grundlagen der anderen Seite wie zum Beispiel Hayek oder Friedman.
Hierbei ist das Buch eine Anklage- und Streitschrift gegen die andere Seite wie zum Beispiel Hayek oder Friedman. Schulmeister hat aber nicht nur Abneigung für die andere Seite übrig, sondern bewundert sie auch dafür wie gut schnell und viele Ziele sie umgesetzt haben.
  1. Die Mont Pelerin Society und die Gegenbewegung
  2. Eine oppositionelle Mont Pelerin Society

Die Mont Pelerin Society und die Gegenbewegung

Nach Schulmeister steht der Konflikt zwischen dem nachfrageorientierten und realkapitalistischen Modell nach John M. Keynes und dem wirtschaftsliberalen Modell nach Friedrich A. von Hayek und Ludwig von Mises stellvertretend für die wirtschaftliche Entwicklung seit 1945. Auf der einen Seite befindet sich die nachfrageorientierten und realkapitalistischen nach Keynes und dessen Erfolg. Dieser Erfolg war so groß dass Keynes damit den Wettbewerb mit von Hayek gewonnen hat. Und auf der anderen Seite befindet sich die deregulierte und angebotsorientierte Wirtschaftspolitik nach von Hayek und von Mises und dessen Scheitern. Nach Schulmeister wurde und wird diese Wirtschaftspolitik durch gezielte Meinungsmache einer organisierten Gegenbewegung propagiert. [1,p.58-74,75-103]

Für diese Meinungsmache haben sich Von Hayek und von Mises und später diverse Ökonomen organisiert. 1927 hatten von Hayek und von Mises gemeinsam das Österreichisches Institut für Konjunkturforschung gegründet, das später zum Österreichischen Institut für Wirtschaftsforschung (WIFO) wurde. 1931 wurde von Hayek zum Professor an der London School of Economics. Nicht zuletzt damit wurde von Hayek zum größten Gegenspieler von Keynes. Zusätzlich hatte von Hayek die Mitgliedsstaaten des Warschauer Pakts als Beispiel dafür wie schlecht die Überschreitungen der Befugnisse und der Kompetenzen des Staates ist. Schulmeister unterscheidet bei dieser Gegenbewegung drei wesentliche Strömungen. [1,p.58-74,75-103,73]

  1. " Die "Österreichische Schule" betont die Beschränktheit menschlichen Wissens. Preisveränderungen setzen Signale/Anreize und steuern so Angebot und Nachfrage. Im Zentrum der Analyse stehen (daher) Marktprozesse und nicht Gleichgewichte. Der Dimension Zeit - auch in Gestalt der Geschichte - wurde große Bedeutung beigemessen (die "Austrians" in Mont Pelerin waren 1947 Hayek, von Mises und Machlup). "
  2. " Die "neoklassische Schule" (ihr Zentrum wurde die Universität Chicago) arbeitet mit mathematischen Gleichgewichtsmodellen und daher extrem realitätsfernen Annahmen (Homo oeconomicus etc.). Zeitliche Abläufe und damit evolutionäre Prozesse sind im Modell nicht "vor-gesehen". Neben Milton Friedman vertraten beim Gründungstreffen Aron Director und George Stigler den "neoklassische Neoliberalismus". "
  3. " Die "ordoliberale Schule" konzentriert sich auf wirtschaftspolitische Leitlinien. Generell soll der Staat verhindern, dass sich eine ungeregelte Marktwirtschaft durch Monopol- und Kartellbildung selbst aufhebt. Auch haben Fragen der Ethik im Ordoliberalismus einen größeren Stellenwert. Sein Einfluss war und ist auf Deutschland begrenzt. Ordoliberale Gründungsmitglieder der Mont-Pelerin-Society waren Walter Eucken, Willhelm Röpke und Alexander Rüstow. "
[1,p.84]

"Der Weg zur Knechtschaft" aus 1944 gilt als von Hayeks Magnum Opus und Standardwerk der Wirtschaftsliberalen und Libertären. Und in den Schlussbemerkungen von "Der Weg zur Knechtschaft" schreibt von Hayek dass sein Werk auf einen langfristigen Einfluss haben soll. Und in 1947 traf sich von Hayek dann mit gleichgesinnten für die Gründung der Mont Pelerin Society. Nach Angaben von Schulmeister folgten dem eine Meinungsmache zugunsten dieser Gegenbewegung durch Institutionen wie z.B. die "Foundation for Economic Education", dem "Liberty Fund", der "Heritage Foundation", dem "Fraser Institute" oder dem "Centre for Policy Research". [1,p.58-74,75-103,82,83,96-97]

Diese Gegenbewegung hat nach Schulmeister die Stabilität freier Finanzmärkte, die Schädlichkeit und die Verzichtbarkeit staatlicher Regulierungen, allgemeines Staatsversagen sowie die Sinnlosigkeit von Vollbeschäftigung propagiert. Nach Schulmeister waren die Befürworter einer realkapitalistischen und nachfrageorientierten Wirtschaftspolitik nach Keynes jedoch zu selbstsicher und ignorierten die Gegenbewegung zu lange. Diese Dynamik ist bereits aus vorigen Veröffentlichungen und Auftritten von Schulmeister bekannt. [1,p.58-74,75-103]

Eine oppositionelle Mont Pelerin Society

Schulmeister hegt jedoch nicht nur Abneigung gegen die Gegenbewegung und ihre erfolgreiche Meinungsmache. Schulmeister hegt auch eine gewisse Bewunderung für ihren Erfolg. Nach Schulmeister könnten die Vertreter einer realkapitalistischen und nachfrageorientierten Wirtschaftspolitik nach Keynes dies mindestens ändern. Alleine der Titel ist eine Anspielung an von Hayeks "Der Weg zur Knechtschaft" indem das Ziel ausgetauscht wurde. [1,p.58-74,75-103,115,116]
" Ein bedeutender Unterschied zu frühen Gesellschaftskrisen besteht darin, dass es derzeit keine von den meisten >>Anti-Neoliberalen<< akzeptierte Wirtschaftstheorie gibt, die den Weg Europas von Prosperität in die große Krise konkret erklären und damit auch den Weg zu ihrer Überwindung weisen konnte. "

" Den neoliberalen Ökonomen ist es trotz der hervorragenden Performance der keynesianisch-realkapitalistischen Spielanordnung in der Prosperitätsphase gelungen, ihre Weltanschauung durchzusetzen. Die >>Keynesianer<< hingegen schafften es trotz der miserablen Performance der neoliberal-finanzkapitalistischen Spielanordnung nicht, eine alternative Theorie zu entwickeln. "

[1,p.115]
Es ist offensichtlich dass Schulmeister sich eine oppositionelle Mont Pelerin Society wünscht. Nach Schulmeister ist die realkapitalistischen und nachfrageorientierten Wirtschaftspolitik nach Keynes der angebotsorientierte Wirtschaftspolitik nach von Hayek und von Mises überlegen. Und Schulmeister legt dar wie die Gegenbewegung statt gefunden hat und warum sie erfolgreich war. [1,p.58-74,75-103]

[1] Stephan Schulmeisters Buch - Der Weg zur Prosperität- ISBN 978-3711001481
[2] Welche Aufgaben kommen für die Sozialdemokratie? Schulmeister und Max Lercher 2018-05-07
https://youtu.be/iJzheZwCtV0
[3] Der Weg zur Prosperität Stephan Schulmeister Buchvorstellung WU in Wien 2018-06-08
https://youtu.be/_s2SJIKk204
[4] Stephan Schulmeister - Europas Weg in die Krise und zurück zur Prosperität 2018-06-22
https://youtu.be/cKy4Y5Zk8ig
[5] „Wir sind in gefährlicher Nähe zu den 1930er-Jahren.“ Stephan Schulmeister im Gespräch 2018-06-18
https://youtu.be/tL0kaHQTByA
[6] Märkte als Religionsersatz? | Stephan Schulmeister bei quer.denken. 2019-02-07
https://youtu.be/EUCGzOkfBtc

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