[Rezension] Stephan Schulmeister - Der Weg zur Prosperität - Das Widerlegen von Mythen 2022-03-12

Stephan Schulmeister ist ein Ökonom aus Österreich, der jedoch wenig mit der sogenannten österreichischen Schule also den wirtschaftsliberalen Ökonom gemein hat. Der am 26. August 1947 geborene Ökonom war von 1972 bis 2012 wissenschaftlicher Mitarbeiter beim österreichischen Wirtschaftsforschungsinstitut (WIFO) für Prognosen, Wirtschaftsentwicklung, Finanzmärkte und internationaler Handel. Der Schwerpunkt seiner Arbeit liegt auf den Interessenskonflikten zwischen Arbeitnehmern, Arbeitgebern aus der Realwirtschaft und den Finanzmärkten oder Finanzkapital.
Nach Schulmeister schwankt die wirtschaftliche Ordnung in ihrer Ausrichtung dauerhaft zwischen Realkapitalismus und Finanzkapitalismus schwankt. Hierbei werden lange Aufschwünge durch ein Interessenbündnis zwischen Arbeitnehmern und Realkapital getragen und lange Abschwünge durch ein Interessenbündnis zwischen Realkapital und den Finanzmärkten oder Finanzkapital verursacht.

Mit seinem neuen Buch "Der Weg zur Prosperität" beweist er wie sehr Schulmeister sich darauf konzentriert und wie gut er dabei ist. Das Buch erklärt umfassend die Grundlagen seiner Seite wie zum Beispiel Keynes oder Smith sowie die Grundlagen der anderen Seite wie zum Beispiel Hayek oder Friedman.
Hierbei ist das Buch eine Anklage- und Streitschrift gegen die andere Seite wie zum Beispiel Hayek oder Friedman. Schulmeister hat aber nicht nur Abneigung für die andere Seite übrig, sondern bewundert sie auch dafür wie gut schnell und viele Ziele sie umgesetzt haben.
  1. Der Markt regelt das
  2. Die Agenda 2010 war ein Erfolg
  3. Geld arbeiten lassen
  4. Austerität oder Sparen hilft
Für Schulmeister werden schlechte wirtschaftspolitische Entscheidungen oft durch Meinungsmache oder Missinformationen gemacht. Um also die herrschenden Verhältnisse zu ändern müssen diese Meinungsmache oder Missinformationen aufgeklärt werden. Hierfür schreibt er gegen viele Behauptungen an.

Der Markt regelt das

Schulmeister widerspricht der gängigen Behauptung der Markt regelt das beziehungsweise dass der Markt zum effizientesten Einsatz von Ressourcen führt. Er unterscheidet nach den Denkweisen der idealistischen und realistischen Ökonomie. Die Denkweisen der idealistischen Ökonomie geht davon dass Menschen nur individuelle, nur rationale, nur eigennützige Wesen mit identischen Präferenzen und vollkommenen Informationen sind. Das Gleichgewicht am Markt führt folglich zum effizientesten Einsatz von Ressourcen. Die Denkweisen der realistischen Ökonomie dagegen geht davon aus dass Menschen rationale und emotionale Wesen sind. Das Gleichgewicht am Markt hängt folglich von den Präferenzen und Informationen der Teilnehmer ab. Wer also behauptet dass der Markt alles regelt oder dass der Markt zum effizientesten Einsatz von Ressourcen führt, verschweigt wessen Interessen dabei bedient werden. [1,p.18-23,18]

Einen besonderen Stellenwert hat bei Schulmeister die Dynamik an den Finanzmärkten. Die Finanzmärkte sollten eigentlich am ehesten ein vollkommener Markt sein da persönliche oder räumliche Präferenzen weitgehend wegfallen und sich alle Teilnehmer umfangreich informieren können. Trotzdem folgen die Dynamiken am den Finanzmärkten nach dem Muster des Bullen- oder Bärenmarktes. Anstatt auf das ideale Gleichgewicht hinzuwirken verhalten sich die Teilnehmer jedoch wie eine Herde. [1,p.24-32]

Als Ursprung für diese Weltanschauung sieht Schulmeister die Umdeutung der Aussagen des sehr bekannten und viel zitierten Ökonomen Adam Smith. Nach Schulmeister hat Smith dies jedoch weder beabsichtigt noch sich derart geäußert. Laut Schulmeister bezog sich Smith mit seiner Metapher der unsichtbaren Hand lediglich auf den Handel von britischen Kaufleuten die wegen der Unsicherheit britische Handelspartner gegenüber solchen aus den britischen Kolonien bevorzugten. Diese Umdeutung führte dazu dass Märkte und das Symbol der unsichtbaren Hand zusammen mit dessen Gleichgewicht vermehrt als Subjekte wahrgenommen werden. Diesen Marktfundamentalismus und dessen leitendes Organ der unsichtbaren Hand attestiert Schulmeister religiöse Züge. [1,p.48-55]

Die Agenda 2010 war ein Erfolg

Politiker und Ökonomen sind regelmäßig der Überzeugung dass sich Arbeitslosigkeit verringern lässt indem der Preis für Arbeit in Form des Lohnniveaus verringert wird. Demnach lässt sich durch die Kürzung von Sozialleistungen und die Verringerung der Arbeitnehmerrechte die Arbeitslosigkeit verringern. In manchen Fällen wird zusätzlich Versprochen dass durch die Staatsschulden verringert werden, direkt durch die die Kürzung von Sozialleistungen und indirekt durch die vermeintliche Verringerung der Arbeitslosigkeit. Nach diesem Muster wurden erst die Gesetze für der Arbeitsmarkt in Deutschland und danach für diverse Mitgliedstasten im Süden der EU reformiert. [1,p.23-25,228-229,232-241,259]

In der Praxis hat die Politik der Lohnzurückhaltung durch Kürzung der Sozialleistungen und Verringerung der Arbeitnehmerrechte enormen Schaden angerichtet und nicht die Versprechen eingehalten. Die Folgen für Deutschland sind Erwerbsarmut und eine unausgeglichene Außenhandelsbilanz. Infolge des Verlusts an Kaufkraft ging die Binnennachfrage gegenüber dem Exporten zurück und Deutschland hat enorme Exportüberschüsse aufgebaut. Die Folgen für die Mitgliedstasten im Süden der EU sind ihre Rezession durch mangelnde Nachfrage der hiesigen Volkswirtschaften und Importüberschüsse da sie trotzdem noch nicht das Verhältnis aus Lohnniveau und Arbeitsproduktivität von Deutschland erreicht haben. Für Deutschland ist offen ob die offene Forderungen beglichen werden oder bei einer Währungsreform sogar entwertet werden. [1,p.228-229,232-241,259]

Geld arbeiten lassen

Gerne wird beim Vertrieb von Anlagemöglichkeiten damit dass eigene Geld für sich arbeitet zu lassen. Schulmeister widerspricht diesem Versprechen grundsätzlich. Zum einem klärt er auf dass die Arbeit letztlich immer von Menschen gemacht werden muss und es sich nur um Investitionen handelt. Und zum anderen warnt er dass hinter dem Versprechen all zu oft das Ziel steht möglichst viel Geld von Kleinanlegern zu holen. [1,p.157-158]

Austerität oder Sparen hilft

Mit der Austeritätspolitik sind Kürzungen des Staatshaushalts und Steuererhöhungen während einer Rezession definiert. Hiermit soll die Zahlungsfähigkeit des Staates verhindert und der Handlungsspielraum des Staates gesichert werden. Wenn dies erfolgt ist, dann wächst nach der Theorie das Vertrauen von Investoren und die wirtschaftliche Lage erholt sich wieder.

Nach Schulmeister hält die Austeritätspolitik dieses Versprechen jedoch nicht. Er führt dies nur zu einer größeren Rezession dadurch dass die Nachfrage nicht Erhöht und durch die Kürzungen des Staatshaushalts sogar verringert wird. Dies führt dann zur Erhöhung des Quotienten aus BIP und Staatsschulden und eine Verringerung der Steuereinnahmen. Für Schulmeister als Keynesianer müsse der Staat hier eine realkapitalistische und nachfrageorientierte Wirtschaftspolitik Verfolgen. Hierfür muss nach Schulmeister der Staat Schulden aufnehmen und durch öffentliche Nachfrage in die hiesige Wirtschaft investieren. Und als Gläubiger bei dem der Staat seine Schulden auch ohne Zinszahlungen aufnehmen soll nennt Schulmeister die hiesige Zentralbank. [1,p.242-251]

[1] Stephan Schulmeisters Buch - Der Weg zur Prosperität- ISBN 978-3711001481
[2] Welche Aufgaben kommen für die Sozialdemokratie? Schulmeister und Max Lercher 2018-05-07
https://youtu.be/iJzheZwCtV0
[3] Der Weg zur Prosperität Stephan Schulmeister Buchvorstellung WU in Wien 2018-06-08
https://youtu.be/_s2SJIKk204
[4] Stephan Schulmeister - Europas Weg in die Krise und zurück zur Prosperität 2018-06-22
https://youtu.be/cKy4Y5Zk8ig
[5] „Wir sind in gefährlicher Nähe zu den 1930er-Jahren.“ Stephan Schulmeister im Gespräch 2018-06-18
https://youtu.be/tL0kaHQTByA
[6] Märkte als Religionsersatz? | Stephan Schulmeister bei quer.denken. 2019-02-07
https://youtu.be/EUCGzOkfBtc

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