[Wirtschaft] Eine neue Agenda 2010 - Was eine neue bedeuten könnte

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[Economics] A New Agenda 2010 - What a New One could Cause

Nachtrag 2025-03-20:

Das Datum der Euro Einführung wurde korrigiert.

Wegen der hohen Arbeitslosigkeit und des schwachen Wirtschaftswachstum galt Deutschland in den 90ern als der kranke Mann Europas. Nach der Einführung des Euros in Deutschland in 1999 und der Agenda 2010 begann jedoch ein von vielen bewundertes Wachstum der deutschen Wirtschaft. Die Arbeitslosenquote ist von etwa 10% in 2002 auf etwa 5% in 2019 gesunken.

Unter Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) (1998-2005) wurde eine angebotsorientierte und arbeitgeberfreundliche Politik in Deutschland etabliert. Obwohl Schröder Sozialdemokrat war und ist wurden unter ihm der Niedriglohnsektor ausgeweitet. Hierzu wurden im Rahmen der Agenda 2010 unter anderem das Niveau der Sozialhilfe und das Lohnniveau gesenkt. Das Ziel war es die Arbeitslosigkeit zu verringern. Die Logik war dass die Arbeitslosigkeit sinkt, wenn der Preis für Arbeit in Form der Löhne sinkt. Und in einem Staat mit einem Sozialsystem gibt es immer auch einen impliziten Lohn in der Höhe der Sozialhilfe.

Die Folge war jedoch nicht dass zusätzliche Arbeit geschaffen wurde, sondern dass die verfügbare Arbeit auf mehr Personen verteilt wurde. Während sich die Arbeitslosigkeit verringert hat, blieb die Zahl der gearbeiteten Stunden nahezu unverändert. Durch die Verringerung des realen Lohnniveaus ist gleichzeitig die Anzahl derjenigen gestiegen die trotz Arbeit in Armut leben.

Im vorigen Teil wurde hergeleitet wie infolge der Agenda 2010 das reale Lohnniveau gesenkt wurde, unter anderem indem Sozialleistungen verringert wurden. Dabei wurde aber nachweislich keine Arbeit geschaffen, sondern nur die bestehende auf mehrere Personen verteilt. Für Deutschland hatte dies eine stagnierende Binnenwirtschaft und eine gestiegene Exportquote und Exportabhängigkeit zufolge. Des Weiteren wurden ununterbrochen Außenhandelsüberschüsse erwirtschaftet. Diese Forderungen können bei Insolvenzen ausfallen, werden infolge von Inflation unweigerlich entwertet und bei einer Währungsreform ebenfalls entwertet. Und für die Bevölkerung hat dies neben dem gesunkenen realen Lohnniveau, ein Wachstum an Armut und ein Wachstum an Arbeitsverhältnissen in Teilzeit bedeutet. Infolge der jüngeren wirtschaftlichen Entwicklung droht nun eine Wiederholung dieser Angebotspolitik, diesmal durch die CDU/CSU.

  1. Ein möglicher Anlass
  2. Die CDU/CSU Agenda 2030
  3. Die Folgen
  4. Die Alternative

Ein möglicher Anlass

Als die Agenda 2010 umgesetzt wurde hatte Deutschland schlechte volkswirtschaftliche Kennzahlen, wie z.B. hohe Arbeitslosigkeit und geringes Wirtschaftswachstum. Nun sind die volkswirtschaftliche Kennzahlen erneut schlecht. Die Arbeitslosigkeit ist von 2023 auf 2024 von 5.7% auf 6% gestiegen. Und das Wirtschaftswachstum ist von 2022 auf 2023 von 0.60% auf -0.04% gefallen.

[1] [2] [3]

Und der von Politikern oft gepriesene Außenhandelsüberschuss sank zuletzt auf 2.24% in 2022. Dies könnte als mangelhafte Wettbewerbsfähigkeit ausgelegt werden und der Grund sein um eine neue Agenda 2010 umzusetzen. [1] [6]

[1] [6] [7]

Die CDU/CSU Agenda 2030

Nun plant die CDU/CSU tatsächlich eine neue Agenda 2010 unter den Namen Agenda 2030. Mit diesem Maßnahmen soll eine wirtschaftliche Trendwende und ein Wirtschaftswachstum von mindestens 2% erreicht werden.

Es soll an der Schuldenbremse festgehalten werden. Einer aktiven Nachfragepolitik wird damit eine klare Absage erteilt.

Zusätzlich soll der Solidaritätszuschlags vollständig abgeschafft werden. Dies ist offensichtlich eine Politik für hohe Einkommen zu Lasten des Fiskus. Denn seit 2021 wird der Solidaritätszuschlag nur noch für hohe Einkommen erhoben. In 2023 beliefen sich die Einnahmen des Solidaritätszuschlags auf 12,2 Mrd. Euro. Wie diese Einnahmen ersetzt werden oder welche Ausgaben dafür gestrichen werden ist nicht ersichtlich. [11] [12]

Die tägliche Höchstarbeitszeit soll abgeschafft werden und stattdessen soll eine wöchentliche Höchstarbeitszeit eingeführt werden.

Es soll eine Aktienrente eingeführt werden. Hierbei wird stets ausgelassen, dass durch einen Wechsel von Abgabe zur Rendite für eine Rentenversicherung kein Mehrwert geschaffen wird. Grundsätzlich kann eine Rente nur durch die jeweils arbeitende Bevölkerung erwirtschaftet werden. Ob diese nun durch Steuern oder Rendite auf Aktien erhoben wird ist aber zweitrangig.

Die Körperschaftsteuer soll von 15% auf schrittweise auf 10% gesenkt werden. Die Körperschaftsteuer ist jene auf das Einkommen bestimmter juristischer Personen, wie z. B. Kapitalgesellschaften, Genossenschaften, Vereinen, Anstalten und Stiftungen. Solche Steuersenkungen sollen üblicherweise Investitionen ankurbeln. Dies verschweigt jedoch dass die Körperschaftsteuer erst auf den Ertrag anfällt, also zu einem Zeitpunkt wenn sich bereits für oder gegen eine Investition entschieden wurde. Dazu kommt das von dieser Steuersenkung erneut hohe Einkommen profitieren. Personen mit hohen Einkommen haben aber eine geringe Ausgabequote, verglichen mit Personen mit niedrigen Einkommen. Denn wenn das Einkommen entsprechend niedrig ist, kann kein oder kaum Vermögen angespart werden. [13]

Und das vielleicht entscheidende ist, dass erneut die Leistungen für Arbeitslose kritisiert werden. Das Bürgergeld sei zu wenig an Leistungsanreizen orientiert und soll deswegen durch eine neue Grundsicherung ersetzt werden. Damit wird offen ausgesprochen was bereits mit der Agenda 2010 durchgeführt wird. Das Wohlstandsversprechen der Vergangenheit ist einer Elendsdrohung gewichen. [8] [9] [10]

Die Folgen

Wie bereits im vorigen Teil hergeleitet wurde hat schon die Agenda 2010 keine zusätzliche Arbeit geschaffen. Ersichtlich ist das an den geleisteten Arbeitsstunden aller Erwerbstätigen.

[4] [4, alt]

Da sich in der gleichen Zeit aber Anzahl der Erwerbstätige erhöht hat, fand dies auf Kosten der Arbeitsstunden pro Erwerbstätigen statt.

[4] [4, alt]

Diese Verringerung der Arbeitslosigkeit bei konstanten Arbeitsstunden aller Erwerbstätigen, ist auch an dem wachsenden Anteil an Erwerbstätigen in Teilzeit ersichtlich.

[5]

Und die Senkung des realen Lohnniveaus ist zum einen am Wachstum Armutsgefährdungsquote ersichtlich.

[9]

Die Alternative

Die Pläne der CDU/CSU für eine neue Agenda 2010 würden also alte Fehler wiederholen und die schlechte Entwicklung der Vergangenheit fortsetzen oder sogar verstärken. Die Alternative ergibt sich aus einer der Folgen der Agenda 2010. Den die Senkung des realen Lohnniveaus ist zum anderen an der stagnierenden Binnenwirtschaft ersichtlich. Da nicht die gesamte Wirtschaft so elastisch ist, dass das Lohnniveau parallel zu den Preisen verläuft, bremste die Senkung des realen Lohnniveaus die Binnenwirtschft aus.

[1] [6] [7]

Folglich muss das reale Lohnniveau wieder steigen. Das Gegenteil von dem was geplant ist muss getan werden.

[Wirtschaft] Eine neue Agenda 2010 - Wozu die alte geführt hat

Src:
[1] Bruttoinlandsprodukt (BIP) - Milliarden Euro
https://de.statista.com/statistik/daten/studie/4878/umfrage/bruttoinlandsprodukt-von-deutschland-seit-dem-jahr-1950/
[2] Inflationsrate in Deutschland von 1950 bis 2023
https://de.statista.com/statistik/daten/studie/4917/umfrage/inflationsrate-in-deutschland-seit-1948/
[3] Arbeitslosenquote in Deutschland im Jahresdurchschnitt von 2005 bis 2024
https://de.statista.com/statistik/daten/studie/1224/umfrage/arbeitslosenquote-in-deutschland-seit-1995/
[4] Frohe Kunde aus dem "Jobwunderland" Deutschland. Da lohnt ein genauerer Blick auf die Zahlen und die andere Seite der Medaille 2018-01-03
https://aktuelle-sozialpolitik.blogspot.com/2018/01/frohe-kunde-aus-dem-jobwunderlanderland.html
https://www.sozialpolitik-aktuell.de/files/sozialpolitik-aktuell/_Politikfelder/Arbeitsmarkt/Datensammlung/PDF-Dateien/tabIV46.pdf
[5] Anteil der Teilzeiterwerbstätigen in Deutschland nach Geschlecht von 2011 bis 2023
https://www.sozialpolitik-aktuell.de/files/sozialpolitik-aktuell/_Politikfelder/Arbeitsmarkt/Datensammlung/PDF-Dateien/abbIV8d.pdf
https://de.statista.com/themen/120/armut-in-deutschland/#topicOverview
[6] Saldo der Außenhandelsbilanz (Differenz zwischen Exporten und Importen von Waren) von Deutschland von 1991 bis 2023 - Milliarden Euro
https://de.statista.com/statistik/daten/studie/37793/umfrage/exportueberschuss-in-deutschland-seit-1999/
[7] Wert der Importe nach Deutschland von 1991 bis 2023 - Milliarden Euro
https://de.statista.com/statistik/daten/studie/161401/umfrage/importe-nach-deutschland/
[8] 12-Seiten-Papier - Rente, Überstunden, Bürgergeld: Das steht in der Agenda 2030 der CDU 2025-01-09
https://www.focus.de/finanzen/news/agenda-2030-die-cdu-plaene-zu-rente-ueberstunden-buergergeld_72d9120e-884c-4861-a862-3ec411b8764d.html
[9] Papier zur Wirtschaftspolitik - CDU will mit "Agenda 2030" Wachstum ankurbeln 2025-01-09
https://www.tagesschau.de/inland/bundestagswahl/cdu-agenda-2030-100.html
[10] Bundestagswahl: CDU plant Steuerentlastungen mit Wirtschaftsprogramm "Agenda 2030" 2025-01-09
https://www.zeit.de/politik/deutschland/2025-01/cdu-wirtschaftsprogramm-agenda-2030
[11] Gesetz zur Rückführung des Solidaritätszuschlags 1995
https://www.bgbl.de/xaver/bgbl/start.xav?startbk=Bundesanzeiger_BGBl&jumpTo=bgbl119s2115.pdf#__bgbl__%2F%2F*%5B%40attr_id%3D%27bgbl119s2115.pdf%27%5D__1737212660725
[12] Steuereinnahmen durch den Solidaritätszuschlag in Deutschland von 2010 bis 2023
https://de.statista.com/statistik/daten/studie/30376/umfrage/steuereinnahmen-des-bundes-durch-den-solidaritaetszuschlag/
[13] Körperschaftsteuer - Bundesfinanzministerium
https://www.bundesfinanzministerium.de/Content/DE/Glossareintraege/K/koerperschaftsteuer.html?view=renderHelp

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